Möchtest du auch lerntherapeutisch mit Kindern arbeiten? Brauchst aber noch mehr Infos?

Prima, dann bist du hier richtig. Im folgenden Blogpost gehe ich auf die Fragen ein, die mich regelmäßig erreichen. Was macht überhaupt ein integrativer Lerntherapeut? Ist der Beruf geschützt oder darf sich jeder Lerntherapeut nennen? Welche Ausbildungen gibt es? Muss ich Tausende von Euros ausgeben, um Kinder und Jugendliche unterstützen zu können?

Ich war letzte Woche zu dem Thema online und stand für ca. 20 Lehrkräfte Rede und Antwort. Es war ein wahnsinnig toller Abend mit interessanten Diskussionen und spannenden Fragen. Damit auch du von dem Austausch profitieren kannst, habe ich die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Was ist überhaupt eine Lerntherapie?

Fangen wir mit der Definition vom Fachverband Integrative Lerntherapie (FIL) an:

„Lerntherapie ist eine Therapieform zur Behandlung von Lernstörungen wie Legasthenie (Lese-Rechtschreibstörung) und Dyskalkulie (Rechenstörung).“ Im Schnitt sind 6-8 % der Schüler betroffen oder anderes formuliert, in jeder Schulklasse gibt es 1-2 Schüler mit diesen Schwierigkeiten.

Was kann man sich unter einer Lerntherapie vorstellen?

Qualitätskriterien einer integrativen Lerntherapie

  • Lerntherapie wird üblicherweise im Einzelsetting durchgeführt
  • Keine Unter-/oder Überförderung des Schülers
  • Orientiert sich an wissenschaftlich fundierten Konzepten und Förderansätzen
  • Durchführung einer Förderdiagnostik und begleitende Verlaufsdiagnostik
  • Lerntherapie basiert auf einem systemischen Ansatz und enge Kooperation mit der Familie (Elterncoaching) und der Schule (u.a. Nachteilsausgleich)
  • Planung der Sitzungen (strukturiert und zielorientiert)
  • Nachbereitung und Reflexion
  • Abschlussdiagnostik anhand standardisierter oder auch informeller Testverfahren
  • Erkennen der Grenzen der Lerntherapie (wann muss ich weitere Experten hinzuziehen)
  • Kooperation mit anderen Therapeuten (wie Logopäden, Ergotherapeuten oder Psychotherapeuten)

Wie wird man überhaupt integrativer Lerntherapeut?

Die Frage ist nicht so ganz leicht zu beantworten. Der Begriff Lerntherapeut ist nicht geschützt, das bedeutet, dass sich theoretisch jeder so nennen darf, auch ohne eine lerntherapeutische Fortbildung durchlaufen zu haben. Das ist so ähnlich wie beim Begriff „Coach“, dieser ist auch nicht geschützt und jeder kann sich Coach für alles Mögliche nennen. Daher habe ich folgende Tipps, wenn es um die richtige Ausbildung geht

  • wer bin ich, welche Vorerfahrung habe ich
  • wo soll die Reise hingehen, möchte ich mich selbständig machen oder in einem Lernzentrum z.B. auf Honorarbasis arbeiten
  • möchte ich mit dem Jugendamt abrechnen können (hier das JA anfragen, welche Ausbildung anerkannt wird)
  • wie praxisnah ist die Ausbildung? Gibt es einen Austausch der Teilnehmer untereinander?
  • wird eine begleitende Supervision angeboten (in der Anfangszeit als Lerntherapeut absolut empfehlenswert), aber natürlich auch ein Kostenfaktor
  • Hospitation, erkundigt euch, ob es möglich ist bei einem erfahrenden Lerntherapeuten zu hospitieren, der Einblick ist sehr bereichernd

Wenn diese Fragen geklärt sind, dann würde ich mich umschauen, gibt es in der Nähe eine Ausbildungsmöglichkeit? Oder lerne ich lieber online? Ist die Ausbildung modular aufgebaut, kann ich ggf. erst mal ein Seminar besuchen und mich dann entscheiden, ob ich weitere Seminare besuchen möchte?

Brauch ich ein Studium? Nicht unbedingt, aber es ist gut wissen, dass man Lerntherapie auch studieren kann (Bachelor und Master). Möchte ich eine bestimmte Zertifizierung (z.B. die vom Bundesverband oder vom Fachverband), dann sollte ich gezielt danach schauen, ansonsten pickt man sich die Inhalte heraus, die für einen wichtig sind, z.B. alles über Rechenschwierigkeiten bzw. Dyskalkulie.  Aber nur mathematische Grundlagen alleine machen keinen Lerntherapeuten aus. Wichtig ist auch ein fundiertes psychologisches Wissen und Hintergrundwissen zu Legasthenie und Dyskalkulie bzw. Komorbiditäten wie AD(H) S. Seminare zu Gesprächsführung und das Wissen über schulische Unterstützungsmaßnahmen, wie einen Nachteilsausgleich sind ebenfalls von großer Bedeutung in der Arbeit als Lerntherapeut.

Vielleicht helfen dir die oben genannten Fragen eine Entscheidung zu treffen. Aber egal, wie du dich entscheidest, es hängt davon ab, was deine Ziele sind und wohin die lerntherapeutische Reise hingehen soll.

Wie kommt man als integrativer Lerntherapeut zur Zusammenarbeit mit dem Jugendamt?

Das ist bei jedem Jugendamt ganz unterschiedlich. Ich persönlich musste eine Leistungsbeschreibung vorlegen, wie arbeite ich mit welchem Material, wie führe ich die Diagnostik durch, wo habe ich mich fortgebildet und habe ich eine regelmäßige begleitende Supervision. Meine Kosten habe ich auch transparent dargestellt. Das Jugendamt hat dann meine  Unterlagen geprüft und in einem persönlichen Gespräch vor Ort sind offene Fragen besprochen worden. Es kann manchmal einige Monate dauern (bei mir ging es ca. 9 Monate), bis man beim Jugendamt als Lerntherapeut anerkannt ist. Bei mir haben erst Unterlagen gefehlt, dann waren die Ansprechpersonen krank und so verging wertvolle Zeit. Um aber mit einem Schüler zeitnah starten zu können, hatte ich dann eine Einzelfallbewilligung, die dann später in eine allgemeine Bewilligung umgewandelt wurde.

Gibt es für „Betroffene“ noch andere Wege, um die Therapie bezahlt zu bekommen (außer Jugendamt)?

Auch über das Bildungspaket (Bildung und Teilhabe) kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Lerntherapie finanziert werden (über Lernförderung). Um Leistungen zu erhalten, muss der Lehrer einen Förderbedarf feststellen und die Schule bestätigen, dass keine vergleichbare Förderung angeboten wird. Die Versetzung muss nicht gefährdet sein, wie oft irrtümlicherweise angenommen wird.

Meiner Erfahrung nach ist die Kostenübernahme einer Lerntherapie über das Bildungs- und Teilhabepaket noch sehr unbekannt im Vergleich zur Nachhilfe. Es fehlen Erfahrungswerte in den jeweiligen Jobcentern oder Sozialämtern.

Wie kann man sich die Vorbereitung und Nachbereitung einer Therapiestunde vorstellen?

Anfangs als „Neuling“ braucht man oft genau solange für die Vorbereitung und Nachbereitung wie für die Lerntherapie an sich, manchmal sogar noch länger (1-2 Stunden Vorbereitungszeit). Mit wachsender Erfahrung nimmt die Vorbereitungszeit ab. Daher nur Mut, man sammelt nach und nach immer mehr an Erfahrung und wird routinierter. Außerdem kennt man sich besser aus, welche Übungen dem Kind helfen könnten und welches Fördermaterial sich für welchen Förderschwerpunkt eignet.

Kann man als Lerntherapeut auch in der Schule arbeiten?

Das ist von Bundesland zu Bundesland und Schule zu Schule unterschiedlich.

Meine Arbeit in der Schule ist absolut bereichernd. Ich unterstütze Schüler, ermittle den Lern- und Leistungsstand, berate Eltern und tausche mich mit Lehrkräften vor Ort aus. Ich gebe Tipps für die innerschulische und wenn nötig auch außerschulische Förderung. Die Schüler haben unsere Unterstützung verdient und je früher gefördert wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Ideal ist eine Förderung schon in der Schule und eine Finanzierung unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Weitere Einblicke in meine Arbeit erhältst du in den folgenden Blogposts von AlphaProf, dem IFLW und auch in meinem Blogpost „Schulische Unterstützung“

Blogartikel im LRS Blog von Legakids und AlphaProf

Interview im IFLW Blog über meine Arbeit

Schulische Unterstützung bei einer LRS und Rechenschwäche

Ist die medizinische Diagnose notwendig, um die Kosten vom Jugendamt erstattet zu bekommen?

Ja, eine reine pädagogische Diagnostik reicht nicht aus. Leider wissen das viele Lehrer oder Eltern nicht. So dass dann manchmal zweimal getestet werden muss, weil die erste Testung nicht anerkannt wurde. Weitere Informationen zur Kostenübernahme der Lerntherapie über das Jugendamt erhältst du hier und wirst zum Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie weitergeleitet.

Wie sind die Hauptarbeitszeiten von Lerntherapeuten?

Die meisten Schüler kommen zwischen 13 und 19 Uhr zu  mir. Vormittags bereite ich die Stunden vor und arbeite an der Grundschule.

Wie die Arbeitszeiten sind, ist jedoch sehr individuell. Jeder integrative Lerntherapeut kann seine Zeiten so festlegen, dass es für ihn persönlich passt. Vielleicht ist ein freier Nachmittag in der Woche toll oder man bietet auch Fortbildungen an, die dann auch vormittags oder am Wochenende gelegt werden können. Es gibt keine Arbeitszeiten, die für alle gelten. Ich persönlich kann mir meine Schüler so einteilen, dass es in den Alltag mit meinen Töchtern gut passt und habe nie mehr als 3-4 Schüler an einem Tag. Ich setze meinen Fokus neben den Schülern auf die Konzeption von Seminaren und Online-Kursen, um Eltern und Lehrkräften das nötige Know-how an die Hand zu geben.

Wie sieht es mit der Berufszufriedenheit als integrativer Lerntherapeut aus?

Ich kann natürlich nicht für alle sprechen, aber von meinen Erfahrungen berichten. Die Arbeit mit den Schülern ist absolut wertschätzend, das Einzelsetting erlaubt es sehr individuell und spezifisch zu arbeiten. Es entsteht eine sehr enge Bindung zum Kind und zur Familie.

Durch den engen Kontakt kann das Kind Schritt für Schritt begleitet und gestärkt werden. Es ist für mich immer wieder faszinierend zuzusehen, wie sich Kinder weiterentwickeln und nach und nach die Lernfreude wieder zurückkehrt. Jedes Kind hat dabei sein eigenes Tempo und kann so auf seinem Level Fortschritte machen. Jeder noch so kleine Meilenstein wird ausgiebig gefeiert.

Wichtig ist die intensive Netzwerkarbeit mit beteiligen Therapeuten, der Schule und den Eltern. Außerdem sollte jeder Lerntherapeut seine eigenen Grenzen kennen und ggf. andere Fachexperten hinzuziehen, wenn man nicht weiter weiß.  Im Austausch oder in Supervisionen mit Kollegen bekomme ich wieder neue Ideen und hole mir Anregungen. Das macht die Arbeit so unheimlich vielfältig.

Wenn die Chemie zwischen Lerntherapeut und Kind stimmt, dann ist die Arbeit so positiv, dass der festen Überzeugung bin, den schönsten Beruf der Welt zu haben. Die Kinder geben mir mit einem kleinen Lächeln soviel zurück, dass ich abends zufrieden einschlafe.

Du hast noch Fragen?

Jetzt hast du einen Einblick in die Arbeit eines Lerntherapeuten, vermutlich waren das jetzt ganz schön viele Infos.

Wer mit dem Gedanken spielt, lerntherapeutisch tätig zu werden, dem empfehle ich, hör auf dein Herz, informiere dich und hospitiere, wenn möglich, bei anderen Lerntherapeuten. Hast du einmal die Arbeit von Lerntherapeuten kennengelernt, wirst du merken, wie wunderbar diese Arbeit ist. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen.

Bist du schon als Lerntherapeut tätig oder stehst gerade am Anfang deiner Ausbildung, möchtest aber gerne mit anderen in den Austausch gehen und von anderen lernen? Dann ist mein Lerntherapeuten Netzwerk genau das Richtige für dich oder buch dir eines meiner Beratungsgespräche.

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